
Unser Statement zum Antisemitismus Vorwurf bei den Jusos
Unser Statement zum Antisemitismusvorwurf bei den Jusos
Beim israelisch-palästinensischen Konflikt ist oftmals Schweigen die bessere Option. Zu viele Fettnäpfchen, zu viel tief verwurzelter Streit und zu viele Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen bei diesem Thema sehr emotional werden. Dennoch wollen wir uns aus aktuellem Anlass hierzu äußern.
Für uns Jusos Leverkusen gehört das Existenzrecht Israels ganz klar zu den Eckpfeilern unserer Nation und zur Staatsraison Deutschlands. Gleichsam möchten wir betonen, dass dies natürlich auch für alle Jusos im gesamten Verband gilt, auch wenn vor wenigen Tagen auf dem Bundeskongress ein gegenteiliger Eindruck entstanden sein sollte.
Wir kommen nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss, dass die Zusammenarbeit mit der Fatah-Jugend beendet werden muss.
Das Existenzrecht Israels ist für uns selbstverständlich
Wir Jusos sind stets offen für den Dialog, ganz besonders zwischen verfeindeten Gruppierungen. Wir lehnen jede Form der Gewalt ab und sind für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen. Israel ist ein Land mit sehr verhärteten Fronten. Beide Seiten in diesem Konflikt wenden unterschiedlichste Formen der Gewalt an. Leidtragende sind immer die Menschen.
Wir wissen dies und verschließen davor nicht die Augen. Für uns Jusos vermag nur eine verhandelte Zweistaatenlösung einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten zu ermöglichen. Dazu gehören das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser und der Israelis, sowie das Existenzrecht Israels. Letzteres wurde zwar nie durch den Beschluss in Frage gestellt, jedoch löste die enge Verbundenheit der Bundesjusos zur antisemitischen Fatah-Jugend bei uns und vielen andere Menschen große Irritationen aus.
Das Vetorecht ist eine gute Sache
Das beschriebene Vetorecht in dem Beschluss der Bundesjusos bedeutet nicht, dass in Zukunft keine Beschlüsse zum Thema Israel mehr möglich wären, ohne dass man sofort ein Veto befürchten müsste, wie es im UN-Sicherheitsrat existiert und welches einseitige Blockaden ermöglichen würde. Es geht hierbei nur darum, dass Partner*innen vorab die Möglichkeit erhalten müssen, sie persönlich betreffende Anträge auf daraus resultierende Konsequenzen hin überprüfen zu können, welche eine weitere Zusammenarbeit in der Zukunft gefährden würden. Da in einem Krisengebiet eine solche Konsequenz auch mal das eigene Leben völlig auf den Kopf stellen und Menschen real in Gefahr bringen kann, ist dies absolut verständlich und das Vetorecht ist daher eine gute Sache.
Die Fatah-Jugend ist formal unsere „Schwesterorganisation“
Ja, die Fatah-Jugend gehört gemeinsam mit den Jusos der „International Union of Socialist Youth“ an und ist daher formal richtig unsere „Schwesterorganisation“. Die IUSY ist ein weltweiter Dachverband für alle sozialistischen Jugendorganisationen.
Ob man sich aber ganz ohne Not öffentlich in einem Beschluss mit einer der beiden Konfliktparteien als besonders eng verbunden gibt durch die Verwendung des Terminus „Schwesterorganisation“, wohlwissend um die damit verbundene Konnotation und inwiefern dadurch die eigene Glaubwürdigkeit als dritte Partei untergraben wird, steht auf einem ganz anderen Blatt und ist aus unserer Sicht trotz allem ein schwerwiegender Fehler.
(Quelle: http://iusy.org/category/home/memberorganisations/, Abrufdatum 04.12.2020)
Infos zur Mutterorganisation der Fatah-Jugend
Was für uns die SPD ist, ist für die Fatah-Jugend die Fatah. Zu dieser Mutterorganisation gehören auch die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden. Sie sind der bewaffnete Arm der Partei, deren Mitglieder terroristische Anschläge und Morde an Israelis ausüben, um politische Ziele durchzusetzen und sie wird monatlich von der Fatah mit Geldern versorgt. Uns schockieren Fälle wie die Verhaftung eines 15-jährigen Selbstmordattentäters am 24. März 2004 durch israelische Streitkräfte, welcher sich für die Fatah in die Luft jagen sollte.
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Al-Aqsa-M%C3%A4rtyrerbrigaden, Abrufdatum 04.12.2020)
Wir können daher nicht nachvollziehen, wie unsere Jugendorganisation indirekt die Nähe zu Menschen suchen kann, die Jugendliche für so etwas benutzen. Die Fatah-Jugend existiert nicht davon losgelöst in einem luftleeren Raum, sondern ist Teil des Apparats der Fatah und unterstützt damit solche Praktiken.
Rente für Selbstmordattentäter*innen und Terrorist*innen
Die Autonomiebehörde der Palästinenser, deren Präsident Mahmud Abbas Mitglied der Fatah ist, zahlte 2016 laut Recherchen des Rundfunks Berlin-Brandenburg 160 Millionen Euro aus Haushaltsmitteln an 35.000 Familien von Märtyrer*innen, welche ihr Leben im Terrorkampf gegen Israel verloren oder lange Gefängnisstrafen erhielten.
Das entsprach zu diesem Zeitpunkt fast demselben Wert, mit welchem die Bundesregierung die Autonomiebehörde unterstützte. Es könnten somit Steuergelder aus Deutschland direkt für die Unterstützung von Selbstmordattentaten verwendet worden sein.
(Quelle: https://www.rbb-online.de/…/wie-die-palaestinensische…, Abrufdatum 04.12.2020)
Konkrete Kritikpunkte an der Fatah-Jugend
Die Unterstützung der BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) durch die Fatah-Jugend wird als antisemitisch eingestuft. Hinweise darauf geben offizielle Hashtags, welche sich immer wieder unter Posts der Fatah-Jugend auf Facebook finden lassen.
(Hintergrundinfo zu BDS: https://www.dw.com/…/was-steckt-hinter-der…/a-41610719, Abrufdatum 04.12.2020)
Die Fatah-Jugendorganisation zeigt auf ihrem Wappen ein reines Palästinensergebiet ohne den Staat Israel, dessen Existenz sie damit ablehnen. Es wird zwar momentan mantraartig von den Befürworter*innen betont, dass die Fatah-Jugend 1993 in Oslo das Existenzrecht Israels anerkannt hat, doch dann sollte die Fatah-Jugend auch bitte endlich ihr offizielles Symbol ändern.
Auch nutzen sie in einem Bild ein frei erfundenes Zitat von Albert Einstein, welches Israelis mit Nazis auf eine gemeinsame Stufe stellt. “It would be my greatest sadness to see Zionists (Jews) do to Palestinian Arabs much of what Nazis did to Jews.”
(Quelle: https://honestreporting.ca/hrc-prompts-journal-pioneer…/, Abrufdatum 04.12.2020)
Im Zusammenhang mit Israel spricht die Fatah-Jugend auf Facebook von „Apartheid“ und einer „ethnischen Säuberung“ und dies sollen progressive Kräfte sein?
Diese ganzen Infos kann man auf der Facebook-Seite der „Fateh Youth Movement – Central Page“ finden.
(Quelle: https://www.facebook.com/Fateh-Youth-Movement-Central-Page-470315469671617/
, Abrufdatum 04.12.2020)
Auch wenn die Jusos nicht jede Position der Fatah-Jugend teilen, kann man doch nicht ernsthaft all diese Aspekte einfach ausklammern und dann stoisch in der aktuellen Debatte auf die sozialistischen Gemeinsamkeiten und die Mitgliedschaft in der IUSY verweisen.
Bitte sucht andere Partner*innen
Dialog ist wichtig und die Basis eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten. Jedoch sollten die Jusos sich nicht mit Organisationen betont auf eine Stufe stellen, die antisemitische Aussagen vertreten und das Existenzrecht Israels nicht anerkennen.
Wir distanzieren uns daher ganz klar von dem Teil des Beschlusses der Bundesjusos, welcher die Fatah-Jugend als unsere „Schwesterorganisation“ bezeichnet und wir bitten darum, sich auf der palästinensischen Seite nach anderen Partner*innen umzusehen. Falls dies nicht möglich ist, versucht euch auf Schulprojekte und den dortigen Austausch zu beschränken. Wir würden das lieber in Kauf nehmen, als wenn wir stattdessen zukünftig nicht mehr unbefangen mit Jüdinnen und Juden in Deutschland zusammenarbeiten können.
Unser Fazit
All diese Hintergrundinformationen zu unserer „Schwesterorganisation“ hinterlassen bei uns einen modrigen Nachgeschmack und wir fordern daher ein Ende der Zusammenarbeit mit der Fatah-Jugend. Ansonsten ist aus unserer Sicht ein „stabiler“ und glaubwürdiger Kampf gegen Rechts für uns Jusos wohl kaum mehr möglich.